Leipzig ist legendär für seine Gründerzeitbauten. Doch die Zeiten des billigen Wohnens sind auch hier vorbei.

Seit einigen Jahren boomt Leipzig, am Stadtrand siedelten sich Großunternehmen wie BMW, DHL und Porsche an, im Zentrum finden Künstler und Kreative viel Freiraum auf verlassenen Fabrikgeländen. In Lindenau und Plagwitz werden einstige Industriebauten in Eigentumswohnungen und Luxuslofts verwandelt und unter Studenten gilt die Stadt auch wegen ihrer Club- und Partyszene als „das bessere Berlin“. Es mangelt nicht an Zuschreibungen, Vergleichen und Übertreibungen, welche die Leipziger selbst auch ganz schön nerven, weshalb einige von ihnen vor Jahren einmal den Spottnamen „Hypezig“ in die Welt setzten, der wiederum von Medien selbst umgehend hysterisch verbreitet wurde.

Das alles ist für Ur-Leipziger ein Graus, sehen sie doch ihre Stadt gern als gemütlichste Großstadt der Welt. Das Zentrum ist kompakt und überschaubar, die Ränder nicht ausgefranst und bis ins Endlose suburbanisiert. Leipzig wurde im Krieg zwar mehrfach bombardiert und verlor auch viele Baudenkmale, blieb aber von flächendeckender Zerstörung verschont, und die relative Armut der DDR-Jahre erwies sich letztlich als ganz guter Konservator. Während im Westen vielfach Altbauten der neuen Zeit und breiten Straßen weichen mussten, blieben die Häuser im Osten stehen, weil kaum Geld für den Abriss da war. Am Ende der DDR fehlte dann allerdings nicht mehr viel und sie wären von selbst in sich zusammengefallen.

Heute drehen Touristen in Bussen Extrarunden durch das Waldstraßenviertel, um die sanierte Pracht ausgiebig zu bewundern. Das gesamte Viertel besteht praktisch aus Baudenkmalen, das älteste Haus stammt von 1740, ansonsten dominieren gründerzeitliche Villen und Mietshäuser in geschlossener Bauweise sowie spätklassizistische und Jugendstilgebäude das Bild. Viele entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als Leipzig schon einmal boomte und zahlreiche jüdische Händler und Geschäftsleute vor allem aus Osteuropa in die Stadt kamen. Sie ließen sich häufig im damals modernen Waldstraßenviertel nieder, das im Volksmund bald Neu-Jerusalem hieß.

Zudem liegt die Stadt ziemlich zentral, binnen einer Stunde ist man mit der Bahn in Berlin, Dresden oder Erfurt, ab 2018 werden Frankfurt und München in drei Stunden erreichbar sein, und ab 2017  soll es Direktflüge nach New York geben. Inzwischen hat Leipzig wieder gut 560.000 Einwohner, und hält der immense Zuzug von zuletzt fast 20.000 Menschen im Jahr an, wird noch in diesem Jahrzehnt die Marke von 600.000 geknackt werden.

Zur beinahe bewundernswerten Gelassenheit der Leipziger selbst trägt sicher auch die Unmittelbarkeit von Wasser und Natur bei. Große Parkanlagen durchziehen die Stadt genauso wie zahlreiche Flüsschen und Kanäle, die heute wieder klar und voller Leben sind, manche sagen gar, Leipzig sei die grünste Großstadt Deutschlands. Auf dem Wasser kann man hier aus dem Zentrum heraus im Boot rudern oder an den Kanälen entlang bis in den Süden der Stadt radeln, wo in stillgelegten Braunkohlegruben inzwischen eine idyllische Seenlandschaft entstanden ist.

Quelle: F.A.S.